Lutz Häfner (ts, ss, fl, b-cl, talkbox), Johannes Enders (ts, ss, fl, b-cl, CR-78),
Markus Schieferdecker (b), Hendrick Smock (dr)
Recorded at Realistic Sound by Florian Oestreicher, November 2001 and mixed at Mo´Swing Studios
Nürnberg, February 2002 by Lutz Häfner and Johannes Enders
Wer bei einer Besetzung mit zwei Tenorsaxofonen an inszenierte Revierkämpfe röhrender Platzhirsche denkt, wird bei dieser CD aufs Angenehmste enttäuscht. Die Saxofonisten Lutz Häfner und Johannes Enders, als hochdekorierte Teilnehmer internationaler Wettbewerbe eigentlich zu Rivalen prädestiniert, haben sich zu einem nahezu symbiotischen Team zusammengeschlossen. Das geht so weit, dass auf dem Cover der CD nichts verrät, wer nun wann wo spielt, und in ihren Beiträgen sind sie so seelenverwandt, dass nur Sound-Nuancen die Partner unterscheiden.
Das erinnert an die ersten Bands von Tony Williams mit dem etwas rauer klingenden Wayne Shorter und dem samteneren Sam Rivers. Häfner/Enders allerdings verzichten auf ein Klavier, das zu harmonischer Eindeutigkeit und Folgerung zwänge. Dem Bassisten Markus Schieferdecker kommt so der Part zu, allein für die Grundierung zu sorgen. Dieser Aufgabe entledigt er sich souverän, hat er doch seinen Dave Holland bestens studiert.
Die pianolose Besetzung allein schon verwiese auf noch ein anderes Doppeltenor-Ensemble, nämlich das legendäre Elvin-Jones-Quartett mit David Liebmann und Steve Grossman. Der Schlagzeuger Hendrick Smock macht diesen Verweis vollends explizit. Er ist mit allen Wassern der Elvin-Jonesschen Polyrhythmik gewaschen und kann so auch neueren Beats den gewissen Elvin-Touch geben. Doch ist dies die Platte der Bläser, und die demonstrieren Synergie, spielen entweder sich komplementierend synchron zusammen oder ergänzen sich in Abständen von acht Takten. Für eine kurze Nummer formieren sie sich mittels Overplay zu einem um Bassklarinetten erweiterten Rohrblattquartett.
Auf der Schlussnummer „Way Out“ schließlich testen sie humorvoll, ob der Hörer denn auch vom Eröffnungsstück „Way In“ bis hierher der durchwegs selber geschriebenen Musik gefolgt ist und die engen Bezüge erkennt zwischen „In and Out“ – einer Referenz an Joe Henderson, der hier ebenso anklingt wie mitunter sogar Ornette Coleman. Dem Gewinner des implizierten Quiz servieren sie mit einer gesangsparodistischen Inszenierung von „New York, New York“ – geschmacks-sicherheitshalber als Bonus-Track deklariert – ein launig kulinarisches Dessert.
Thomas Fitterling, 25.07.2002